25 Jahre Kreisbereitschaftsleiter
Jens Kasselmann vom DRK Osnabrück-Land über das Ehrenamt und die Auswirkungen der Corona-Krise
Osnabrück-Landkreis. Dienstabende mit ehrenamtlichen Kolleg/innen, Einsätze im Katastrophenschutz, Sanitätsdienste und Altkleidersammlungen: Dies alles und noch viel mehr ist für Jens Kasselmann Alltag – seit über 30 Jahren ist er beim DRK Osnabrück-Land ehrenamtlich aktiv. Ein guter Anlass, um auch einen Blick auf die aktuelle Situation des Ehrenamts zu werfen: Welche Auswirkungen hat die Corona-Krise? Ist Ehrenamt derzeit überhaupt möglich?
Massiver Einnahmeverlust durch Corona
„Das Geld für die Ausrüstung und Ausstattung unser Ehrenamtlichen und damit für den Dienst am Menschen fehlt“, erklärt Jens Kasselmann. „Das liegt daran, dass unsere Haupteinnahmequelle der Sanitätsdienst ist. Große Events in der Osnabrück-Halle, Reitturniere oder Fußballspiele konnten in diesem Jahr nicht stattfinden. Erst ab Oktober kann der Sanitätsdienst voraussichtlich wieder wie gewohnt tätig werden.“
Flexibel durch die Corona-Krise: Ehrenamt beim DRK
Und auch das Ehrenamt hat einen Stillstand erlebt. Erst seit Anfang Juni sind Dienstabende wieder erlaubt. Jens Kasselmann, der als Kreisbereitschaftsleiter für die rund 200 aktiven Ehrenamtlichen des DRK Osnabrück-Land zuständig ist, berichtet: „Wir haben in den vergangen Monaten die Krise gut gemeistert. Es ist wichtig, in Kontakt zu bleiben. Deshalb haben wir in vielen Ortsvereinen Dienstbesprechungen per Videochat durchgeführt. Auch einige Online-Kurse wurden angeboten, sodass unsere Ehrenamtler trotz der Einschränkungen aktiv sein konnten.“ Ebenfalls positiv war die Altkleidersammlung im Mai, die unter hohen Hygieneauflagen erfolgreich durchgeführt wurde.
„Es geht weiter im Ehrenamt“, resümiert Jens Kasselmann zufrieden. „Auch, wenn aufgrund der fehlenden Sanitätsdienste weniger zu tun ist, bleiben unsere ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer aktiv.“
Jens Kasselmann – seit 25 Jahren im Einsatz
Im Jahr 1988 kam Jens Kasselmann zum ersten Mal zum DRK – genauer gesagt, wurde er von seinem Cousin zum Ortsverein Holzhausen „mitgeschleppt“, wie er mit einem Schmunzeln sagt. Hier waren Umbauarbeiten in vollem Gange und jede helfende Hand wurde gebraucht. Jens Kasselmann kam – und er blieb. Zunächst machte er einen Erste-Hilfe-Kurs und anschließend einen Sanitäter-Lehrgang. Im Laufe der Jahre kamen noch viele weitere Lehrgänge, unter anderem Führungslehrgänge, hinzu. Auch während der Studienzeit riss der Kontakt zum Ortsverein nicht ab. „Es gibt Phasen im Leben, in denen man mal mehr, mal weniger Zeit hat“, sagt Jens Kasselmann. „Die Verbundenheit und das Engagement zählen, nicht die Anzahl der Stunden.“
Hohe Verantwortung im Ehrenamt
Seit 1995 ist der 48-Jährige Kreisbereitschaftsleiter des DRK Osnabrück-Land. Worin besteht seine ehrenamtliche Tätigkeit? Jens Kasselmann erklärt: „Auf Kreisebene organisiere ich beispielsweise Sanitätsdienste und Dienstabende, zudem bin ich Disziplinarvorgesetzter der Bereitschaftsleiter unserer 13 Ortsvereine.“ Federführend übernahm er als Ortsvereinsvorsitzender 2005 Planung und Bau des „DRK Hauses“ in Holzhausen: Das Gebäude mit Fahrzeughalle und Schulungshaus ist heute neben dem Pfarrheim ein wichtiger Treffpunkt im Ort – hier finden neben den DRK Dienstabenden auch schon mal Public Viewing oder Yoga statt.
Vom Hochwasser bis zum Moorbrand
Ob Verkehrsunfall oder Großeinsatz wie zuletzt beim Meppener Moorbrand: Im Notfall ist der Katastrophenschutz des DRK Osnabrück-Land zur Stelle – unter der Leitung von Jens Kasselmann. Die Aufgabe seines Teams besteht darin, die zahlreichen Einsatzkräfte mit Essen und einer warmen Unterkunft zu versorgen.
Beim Hochwasser in Stendal 2013 brachten Jens Kasselmann und sein Team 500 evakuierte Anwohner unter und versorgten zeitgleich 1.500 Einsatzkräfte. Eine weitere besondere Herausforderung kam 2015: Die ehrenamtlichen Helfer/innen des DRK Osnabrück-Land richteten bei Bremen eine Flüchtlingsunterkunft für 1.500 Menschen ein und betrieben das Lager in den ersten Wochen. „Wir waren oft 20 Stunden am Tag im Einsatz. Es war einfach großartig zu sehen, wie alles reibungslos funktioniert und man sich zu hundert Prozent auf die Kameraden verlassen kann“, kommentiert Jens Kasselmann.
Highlight für Technik-Fans: Individuell entwickelte Einsatzfahrzeuge
Der Fuhrpark des DRK Osnabrück-Land eröffnet ein spannendes Betätigungsfeld für alle, die sich für modernste Fahrzeuge und Technik interessieren. Eine gute Vorbereitung auf eine Ausbildung oder ein Studium im technischen Bereich. „Ob Rettungswagen, Geräte- und Verpflegungswagen oder LKW: Unser Fuhrpark ist topmodern“, sagt Jens Kasselmann sichtbar stolz. „Viele Fahrzeuge haben wir selbst entwickelt. In der Größe und Ausstattung ist der Fuhrpark des DRK Osnabrück-Land in der Region einzigartig.“
Von der Kameradschaft zur Freundschaft
Hauptberuflich arbeitet Jens Kasselmann als Notfallsanitäter in der Stahlindustrie. Sein Arbeitgeber unterstützt sein ehrenamtliches Engagement. Seit nunmehr 30 Jahren verbringt er einen großen Teil seiner Freizeit beim DRK. Dazu meint er: „Kontinuität ist wichtig im Ehrenamt, denn nur so entstehen langjährige Kontakte und Erfahrung kann weitergegeben werden.“
Auch der Spaß wird beim DRK Osnabrück-Land großgeschrieben: „Hier entstehen Freundschaften, man lädt sich gegenseitig zu Geburtstagen ein oder unternimmt etwas in der Freizeit. Ehrenamt bedeutet, etwas gern zu machen, Freunde zu treffen, miteinander etwas zu bewegen!“ Einmal im Jahr, nach der Kleidersammlung, gibt es ein Grillfest als Dankeschön für alle Helfer – aufgrund der Corona-Pandemie muss es bislang ausfallen. Jens Kasselmann verrät: „Sobald es wieder möglich ist, wird dies das erste sein, was wir organisieren – und zwar als Kennenlern-Fest für all diejenigen Helfer, die sich lange nicht mehr gesehen haben oder neu hinzugekommen sind!“
Mit dem LKW zum Supermarkt
Wer ist schon mal mit einem LKW zum Supermarkt gefahren und hat die Regale leergeräumt, um Lebensmittel für 1.000 Personen zu kaufen? Wie fühlt es sich an, in einer großen Feldküche 500 Leute zu bekochen? Das Ehrenamt beim DRK Osnabrück-Land schafft gemeinsame Erlebnisse, die in besonderer Erinnerung bleiben.
Dabei spielt das Alter keine Rolle: Für Jugendliche ab 15 steht das Deutsche Rote Kreuz mit einem breiten und spannenden Angebot offen. Und auch Senior/innen, die zuvor noch nie ehrenamtlich aktiv waren, können zum Beispiel bei den Blutspenden oder bei der Durchführung von Kursen helfen.
Sprungbrett für Einsteiger
Interessant für Berufseinsteiger sind die kostenlosen Lehrgänge und die Möglichkeit, wertvolle Berufserfahrung (Medizinischer Bereich, Ausbildung und Lehrtätigkeit, Kochen und Technik) zu sammeln. Wer im Katastrophenschutz aktiv ist, kann beim DRK Osnabrück-Land kostenlos den LKW-Führerschein machen. „Manchmal ist das ein Schritt in die Berufswelt“, berichtet Jens Kasselmann. „Ich kenne einige, die später LKW-Fahrer geworden sind. Und auch die Rettungssanitäter-Ausbildung, die bei uns kostenlos ist, kann zu einer beruflichen Tätigkeit im Rettungsdienst führen.“
(Wenig) Zeit für Ehrenamt
Wer beruflich und familiär bedingt nur wenig Zeit hat, kann projektbezogen oder mit nur wenigen Stunden pro Monat die Hilfsorganisation unterstützen. „Jeder ist bei uns willkommen und es wird nicht geschaut, wer wie viel Zeit mitbringt. Das Ehrenamt muss zur Lebenssituation passen“, so Jens Kasselmann. Übrigens: Beim DRK ist man nicht an einen Ort gebunden. Jens Kasselmann erklärt: „Jeder Ortsverein hat einen Schwerpunkt: Wir in Holzhausen sind auf die Sanitätsdienste spezialisiert, im Borgloh-Wellendorf ist es die Versorgung, im Dissen-Bad Rothenfelde wiederum Technik. So findet jeder das passende Umfeld.“
Ehrenamt – gemeinsam Gutes tun!
Nora Wöstemeyer ist beim DRK Osnabrück-Land Koordinatorin für das Ehrenamt. Sie berät persönlich und stellt die Kontakte zu den Ortsvereinen her.